Der Anfang
(Von Thomas Berger)
Sternebeck. Seit mehreren Jahren war niemand mehr im Innern. 1998 fuhr der letzte Zug, und nicht nur der Sternebecker Bahnhof ruht seitdem verlassen. Auch zuvor hatte es kaum noch eine Nutzung des Gebäudes gegeben, dessen Inneres beinahe vermuten ließe, hier wäre schon gleich nach der Wende alles verrammelt worden. Abgesehen vom Staub, der nur schwer datiert werden kann, ist nur weniges mit Zeitbezug erhalten. Gleichwohl eine MOZ-Ausgabe vom 30. September 1991 gibt eine sehr genaue Einordnungsmöglichkeit. Um eine amerikanische Entspannungsinitiative geht es auf der Titelseite, sogar die UdSSR, damals noch nicht Geschichte, hat es bis in die Hauptzeile geschafft.
Was das Herz eines Historikers noch höher schlagen ließe, sind vereinzelte Listen von 1964 und 1972, die offenbar zu unbedeutend waren, um weggeräumt und sachgemäß eingelagert oder vernichtet zu werden. Ansonsten fällt der Blick der kleinen Gruppe, die durchs Bahnhofsgebäude stöbert, noch auf das Stellwerk, und auch die alten Kachelöfen fallen natürlich auf. Ganz legitim ist der Bahnhof aus seinem mehrjährigen Winterschlaf geweckt worden. Geht es doch darum, die stillgelegte Strecke insgesamt wieder zu beleben. So fand denn an diesem Tag noch rechtzeitig ganz kurz vor Jahreswechsel der erste Spatenstich statt, und in den kommenden fünf Monaten sollen nun die Gleise von Bewuchs befreit werden. Beim Streckengleis, bis vor fünf Jahren wenigstens noch regelmäßig befahren, wird das nicht allzu schwierig. Doch die Schienen der Rangiergleise im Bahnhof sind überwuchert von Gras und bis zu zwei Meter hohen Bäumen, die nun zu entfernen sind.
Schon seit mindestens zwei Jahren geistert die Idee durch verschiedene Köpfe, aus dem stillgelegten Schienenstrang Tiefensee-Wriezen eine Art von Museums- oder Ausflugsbahn zu machen. Doch vor allem die Verhandlungen mit der Deutschen Bahn AG, die sich nur schwer von der nicht mehr genutzten Strecke trennen wollte, zogen sich hin. Vor einigen Monaten nun wurde endlich verkauft, allerdings an zwei Eigentümer, die nun jeweils das vordere bzw. hintere Teilstück, mit Trennung kurz vor dem Sternebecker Bahnhof, in Regie haben. Von Sternebeck aus Richtung Schulzendorf/Wriezen sollen möglicherweise schon ab Pfingsten 2004 wieder Züge fahren. Solch ehrgeizige Pläne haben jedenfalls Dr. Ulrich Bente, Prokurist des neuen Streckeneigners Wriezener Bahn, und Michael Poll, Vorsitzender des Museumsbahnvereins. Sie waren es denn auch zusammen mit weiteren Mitstreitern, die den symbolträchtigen ersten Spatenstich vornahmen.
Nicht nur die Freilegung überwucherter Gleisabschnitte ist nun eine der Herausforderungen. Die weitaus größere steht im Anschluss oder auch schon parallel an: Zahlreiche Genehmigungshürden gilt es im Regelungs- und Bürokratiedschungel für die Wiederaufnahme des Fahrbetriebes zu nehmen. Die Besorgung eines Triebwagenzuges, der zunächst auf der Strecke rollen und wenigstens zu besonderen Anlässen durch eine rustikale Dampflok ersetzt werden soll, ist noch die kleinste Aufgabe im Vergleich dazu, alle notwendigen Genehmigungen von den Bahnbehörden einzusammeln. Ob sich der vorgesehene Wunschtermin letztlich halten lässt oder nur einen schönen Traum darstellt, wird sich in den kommenden Monaten zeigen.
Fakt ist: Als Museumsbahnstrecke ist der Abschnitt alles andere als schlecht geeignet. Seinerzeit sind auf ihr sogar etliche Fernseh- und Filmaufnahmen gedreht worden, wie sich Walter Kumm erinnert. Er war damals Leiter der Dienststelle Werneuchen und weiß noch sehr genau, wie oft Kamerateams anrückten. Bente hofft außerdem darauf, dass mit dem Straßenbauamt noch eine Einigung zustande kommt. Wegen des Erddamms, der in Wriezen im Zuge der neuen Umgehungsstraße damals aufgeschüttet wurde, ist die Strecke seither an dieser Stelle unterbrochen. Eine Portion Idealismus gehört schon dazu, sagt Bente. Doch alle Beteiligten zeigen sich zuversichtlich, dass es 2004 gut vorangeht. Eine wieder belebte Bahn, auch wenn sie nur nach einem eingeschränkten Fahrplan verkehrt, wäre für den Tourismus in der Region ein wichtiger Punkt des Aufschwungs. Der Bunker, aber auch die Gaststätten und Unterkünfte ringsum würden davon profitieren.
(Für den Inhalt dieser Seite bedanken wir uns herzlich bei Herrn Thomas Berger)